Königspinguine in Jever

Kunst am Bau im Schulzentrum

 
Eigentlich muss man davon ausgehen, dass in der Stadt der Sage, Geschichte und Kultur (Jever) künstlerische Leistungen nicht unbeachtet geblieben und bereits längst beschrieben oder bebildert worden sind. So finden sich sogar schon unzählige Aussagen in den drei hier gelesenen Tageszeitungen über Objekte, die noch nicht einmal  aufgestellt sind. Wie dann erst über solche, die bereits seit über 50 Jahren in aller Öffentlichkeit stehen.
Falsch gedacht - zumindest nach den bisherigen Erkundigungen. 

Natürlich ist bekannt, dass vor der Paul-Sillus-Schule ein Brunnen steht, aus dem noch nie Wasser floss."Was waren da noch für Tiere 'drauf?"
Grünanlage Schulstraße mit Brunnen
Zuständig in der Stadt für Grünflächen, weiß ich seit ca. 15 Jahren von diesem kleinen Brunnen mit den Pinguinen. Erst vor wenigen Jahren wurde dort der nahezu abgestorbene Lebensbaum gefällt, der den Brunnen umwachsen und jahrelang vor schneller Wahrnehmung versteckt hatte. Jetzt steht der Pinguin-Brunnen wieder frei.

Als Werner Menke im Jahre 2007 für das Buch "Denkmäler in Jever. Monumente, Mahnmale und Brunnen erzählen Geschichte und Geschichten" recherchierte,  fiel mir - und offensichtlich auch anderen - nicht ein, auf diesen Brunnen hinzuweisen. Vielleicht zu selbstverständlich, zu nah, zu alltäglich. Es bedurfte der Anfrage einer im Ruhrgebiet lebenden Jeveranerin im Sommer 2010, warum zu diesem Brunnen in dem Buch nichts ausgeführt wird. So kam die Frage dann zu mir, denn es ist unzweifelhaft, dass dieser Brunnen mit den beiden Pinguinen auf städtischem Straßen- und Grünflächenareal steht und somit die Stadtverwaltung zumindest näheres Wissen haben müsste.

Akten aus der Bauzeit der Paul-Sillus-Schule sind in der Stadtverwaltung nicht mehr zu finden, die Bauakten im Archiv  des Landkreises, die ich eingesehen habe, sind mit der Bauabnahme im Herbst 1952 geschlossen. Keine Bemerkungen dort zu künstlerischen Gestaltungen. Fragen an langjährige städtische Mitarbeiter führten nur zu Achselzucken. Eine Idee, dass mit dem Theater und den anderen Schulbauten um 1970 der Brunnen aufgestellt wurde - eigentlich sehen die beiden Tiere doch ziemlich modern aus - zerschlug sich, als Frau Jasenowski, die mit ihrem Mann als Hausmeister den Bau und den Betrieb der Schule von 1952 bis 1980 begleitet hatte, mir erzählte, dass die Tiere eigentlich von Anfang an da waren.
Luftaufnahme 1957
Und wieder einmal eignen sich die veröffentlichten Luftbilder von 1957, solche Aussagen im Bild zu überprüfen (Horst Radowski, Jever aus der Luft betrachtet. 1957 und 2008): Hier finden wir den Brunnen; der Straßenraum mit der Grünanlage ist noch kahl. Zwei kleine Bäume an Pfählen zeigen die Bemühungen der Freiraumgestaltung. In der stark vergrößerten Aufnahme sind die Tiere zwar mehr zu erahnen, aber die Existenz des Brunnens ist eindeutig.

"Der Brunnen? Das ist doch Kunst am Bau. Es müssen doch zehn Prozent der Kosten für sowas ausgegeben werden..." Als Rechtfertigung, nicht genauer hingucken zu müssen, habe ich solch einen Kommentar oft gehört. Ab einem gewissen Grad solcher "Unwissensstände" aber wird es reizvoll, sich intensiver mit solchen Werken zu beschäftigen.

Spurensuche zum Künstler. Hinter dem rechten Pinguin ist eine unscheinbare kleine Gravierung: Steinorth 53.

Mit Internet und Suchmaschine findet man spärliche Informationen zu Ingeborg Steinorth, Bildhauerin aus Hannover. Es wird aber ein Buch angeboten, welches über die Bildhauerin Auskunft gibt: Rudolf Lange, Ingeborg Steinohrt - Plastiken 1942 bis 1992. Arbeiten in privatem und öffentlichem Besitz. 1998. Hannoversche Lebensversicherungs a.G.
des Künstlers Zeichen
Aus diesem Buch erfahren wir mehr über die Künstlerin, ihr Werk und auch ein wenig über die Pinguine.

Ingeborg Steinorth, 1917 - 1994, fand schon früh Interesse am Modellieren. Nach dem Abitur trat sie 1937 in die Bildhauerklasse bei Prof. Scheuernstuhl in der Meisterschule des deutschen Handwerks, der heutigen Fachhochschule Hannover, ein.
Ab 1941 in dem mittlerweile im nationalsozialistischen Geiste gleichgeschalteten Kunstbetrieb  ging sie für drei Jahre nach München an die Akademie für bildende Künste zu Bernhard Bleeker.  Dessen Neoklassizismus trifft sich mit den Kunstvorstellungen des NS-Regimes und er bekommt durch seine Arbeiten für die NSDAP
nach dem Krieg den Ruf eines Nazibildhauers. Später rehabilitiert, gilt er als einer der Hauptvertreter der Münchner Bildhauerschule, als bedeutender Bildnisplastiker sowie Vertreter der neoklassizistischen Monumentalskulptur.

Rudolf Lange, Seite 13: "Es ist wahrhaftig ein grenzenlos scheinendes Panorama der zeitgenössischen Plastik, das sich der jungen Bildhauerin Ingeborg Steinorth nach dem Krieg darbietet. Aber sie verliert sich nicht darin. Sie experimentiert nicht, versucht nicht dieses oder jenes. Sie weiß, was sie will, sie ist vorgeprägt. Zum einen durch ihre Lehrer, im besonderen Scheuernstuhl. Zum anderen durch ein Werk, daß ihr während des Studiums in München immer wieder vor Augen kam: die 'Eva' von Charles Despiau (1874 - 1946). Nachdenklichkeit und Ruhe zeichnen die einfühlsam abstrahierte Gestalt aus. Schließlich haben die Eindrücke fortgewirkt, die das Kind Ingeborg in Bamberg empfing. Ein derart durch seine Baukultur und seine Bildwerke herausragendes Umfeld, wie es diese Stadt bietet, prägt die Menschen, die sich darin bewegen. Daher darf man getrost annehmen, daß auch der berühmte Bamberger Reiter, die Figuren der Ecclesia und der Synagoge, der Weihnachtsaltar von Veit Stoß und das Grab Kaiser Heinrichs II., des Heiligen, und seiner Gemahlin Kunigunde von Tilman Riemenschneider unbewußt an der Formung des Menschenbildes von Ingeborg Steinohrt mitgewirkt haben. Die Rolle des Elternhauses dabei ist bereits erwähnt worden."

Vielfach sind die Arbeiten für Kirchen. Zu vielen der wieder aufgebauten oder erneuerten Kirchengebäude der Umgebung von Hannover hat sie Auftragsarbeiten ausgeführt: Reliefs mit biblischen Szenen aus Muschelkalkstein, Heiligenfiguren aus Holz, Taufsteine, Altarkreuze und Reliefs aus Bronze.
Der Pinguinbrunnen
Daneben modelliert sie Menschenfiguren ("Mollige", "Metzger aus der Provence", "Sauna",  u.a.), Tierplastiken ("Kraniche, "Schleichende Katze", "Schwarm Vögel im Flug"-Relief, "Taubenpaar" etc.) aber auch Kleinplastiken wie Türgriffe.

In ihre frühe Zeit gehört die Auftragsarbeit für die Außenplastik "Königspinguine". "Sie stehen", so R. Lange  auf Seite 100, "als Brunnenfiguren an einem Wasserbecken auf dem Vorplatz einer Schule in Jever. Mit ihren gewölbten schlanken Leibern, den Stummelflügeln und den spitzen Schnäbeln heben sie sich eindrucksvoll gegen die geraden Linien des Gebäudes im Hintergrund ab." Gemeint sind hier die gerade entstandenen Offizierswohnungen Schulstraße 2 - 10.  R. Lange gibt als Datum 1956 an; mag das der Zeitpunkt der Aufstellung gewesen sein?

Zu den Pinguinen wird in dem Buch noch an anderer Stelle unter der Überschrift 'Ärger im Alltag' ausgeführt:
"Die Honorare, die Ingeborg Steinohrt in Rechnung stellen konnte, waren bescheiden. Für eine Pinguingruppe in Jever / Ostfriesland (1953) wurde mit der Niedersächsischen Heimstätte, Hannover, ein Festpreis von 4300 DM vereinbart. Dafür mußte folgende Leistung erbracht werden: '1.) Gipsmodell des Schmuckplatzes im Maßstab 1:20 - Modell der Pinguingruppe im Maßstab 1:10 - Gipsmodell der Pinguingruppe im Maßstab 1:1. 2.) Ausführung der Plastik in Bronze. Der Preis versteht sich für fix und fertige Arbeit incl. Montage auf dem von der Bauleitung bestimmten Aufstellungsplatz. Die von der Bauleistung noch festzusetzenden Termine sind einzuhalten. Besondere Reisekosten werden nicht erstattet.' Der Betrag von 4300 DM wurde in insgesamt fünf Ratenzahlungen überwiesen. Ein nicht gerade fürstliches Honorar, selbst, wenn man bedenkt, daß die Summe im Vergleich zu heute noch mehr wert war."

Warum aber Pinguine für Jever?
Der Rat der Stadt verhandelte bereits vor 1950 für den Bau einer neuen Stadtknabenschule mit dem Land um Zuschüsse, die staatliche Heimstätte übernahm dann die Organisation der Baufertigstellung. Ob der Rat der Stadt sich an der Gestaltungsplanung der Schule beteiligt hat oder ob alle Entscheidungen in Hannover gefallen sind, konnte bisher nicht in Erfahrung gebracht werden. Ratsprotokolle aus der Zeit sind nicht vorhanden. Aus den Sitzungsprotokollen des Schulausschusses gibt es nur wenige Anmerkungen zum Bau der Stadtknabenschule, keine Hinweise jedoch zum Brunnen.
Wir müssen also davon ausgehen, dass ein Auftrag zu den Pinguinen in Hannover gefallen ist; für einen Wunsch aus Jever zu den Tieren ist rückblickend kein Bezug zu erkennen.

Haben sich die Planer in Hannover gedacht, dass für das weit im Norden liegende Jever - offensichtlich soweit, dass die Eisberge vom Nordpol regelmäßig an der nahen Küste vorbeiziehen - die Königspinguine hier eine repräsentative Tierart darstellen?

Aber nein, auch in Hannover wusste man schon zu der Zeit, dass es die Königspinguine nur am Südpol gibt.

Es gilt also weiter zu forschen: warum Pinguine? 

Zur weiteren Suche erschien mir das genaue Datum der Einweihung der Schule wichtig. Erst das Durchblättern der Jahrgänge 1952 des Jeverschen Wochenblattes in der Bibliothek des Schlosses gab darüber Auskunft. Ist die Zeitung das bessere Archiv - anstelle der Aktenführung einer öffentlichen Verwaltung? Vielleicht gäbe es im Staatsarchiv in Oldenburg Hinweise. Für den Zeitraum Anfang der fünfziger Jahre gibt es laut Findbuch des Staatsarchives aber weder Ratsprotokolle noch sonstige Hinweise. Welch ein Aufwand zum Auffinden einiger "Basisinformationen" eines städtischen Gebäudes, in dem Generationen von Grundschülern ihre Zeit verbrachten!
Entsprechend ist in der Schule von der Geschichte dieser Schule gar nichts bekannt.

Die Hoffnung, durch die alten Ausgaben des Jeverschen Wochenblattes in der Schlossbibliothek über eine Berichterstattung eine Anwort zu den Pinguinen zu finden, musste begraben werden. In der Zeit zwischen dem Bronzeguss der Pinguine 1953 und der Luftaufnahme 1957 gibt es dazu keinen einzigen Hinweis. Die Stadtknabenschule wurde in dieser Zeit manchmal erwähnt: am 8.9.53 über die Gründung der Sportschule dort, am 3.5.55 Bericht über die Einweihung der Turnhalle, am 26.4.56 Bericht mit Bild über die Pflanzung von Bäumen durch die Schüler vor der Schule. Nichts aber zum Brunnen mit den Pinguinen.
(Im Frühjahr 2011 wurde im JeWo über das
55jährige Jubiläum des Schulabschlussjahrgangs 1956 berichtet. Einige der hier im Ort noch immer wohnenden Männer habe ich gefragt: An einen Brunnen vor ihrer damaligen Schule können sie sich nicht erinnern...)

Und es gibt noch mehr Fragen: Warum fließt aus dem Brunnen nie Wasser? Der frühere Hausmeister Ennen erklärte mir, dass  der Brunnen direkt an die Trinkwasserleitung angeschlossen ist. Man brauche nur den Hahn im Keller der Schule aufdrehen. Von dem Becken aber fließt das Wasser dann direkt in den Straßenkanal - eine Verschwendung.  Manch einer erinnert sich jetzt, dass wenigstens zeitweise (Regen-)Wasser in dem Becken zu Füßen der Pinguine gestande habe. Hier besteht also Verbesserungsbedarf.

Es gilt weiter zu forschen.

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Informationen zum Schulzentrum:

Die Schule wurde zu Beginn der fünfziger Jahre als Stadtknabenschule geplant. Die Grundsteinlegung erfolgte am 02. Juni 1951 (10 Uhr) mit Bürgermeister Busch. Die festliche Übergabe erfolgte bereits am 08. Oktober 1952 (Jeversches Wochenblatt vom 09.10.1952). Die in diesem Artikel angesprochenen politischen Wirren gerade um diese Schule (Bürgermeister Busch war zurückgetreten) bedürften weiterer Klärungen...
Mit Ratsbeschluss vom 24.09.1987 ist sie als "Paul-Sillus-Schule" nach dem ehemaligen Bürgermeister (1976 - 1984) gewidmet.
Am 18. Dezember 1987 wurde diese Umbenennung gefeiert. Eine Suche zu den Anfängen dieser Schule unter diesem Namen kann also nicht zu einem Erfolg führen.

Die nahezu baugleiche Stadtmädchenschule wurde 1960/61 gebaut, 1967 folgte die Realschule und die Aula, das heutige Theater am Dannhalm. Mit dem modernen Anbau an der mittlerweile zur Hauptschule gewandelten Stadtmädchenschule ab 1974 endete die Schulbautätigkeit der Stadt. Bis auf die Stadtknabenschule und die Aula übernahm ab 1978 der Landkreis die Trägerschaft der weiterführenden Schulen.

Die heutige Schulstraße hieß bis 1955 Englischer Weg. Dieser Name rührt allerdings nicht daher, dass hier die Wohnhäuser für die englischen Soldatenfamilien gebaut wurden (siehe z.B. JW 10.07.1952: Kanalarbeiten für die Wohnhäuser der Besatzungsmacht). Angesichts des Schulzentrums dort wurde diese Namensänderung für sinnvoll erachtet. Im kurzen Verbindungsstück zwischen Ziegelhof- und Mozartstraße wird der alte Namen heute beziehungslos weitergeführt (Orth).   


Weitere Kunst am BauTrink-Brunnen

Die Stadtknabenschule bietet neben dem Pinguinbrunnen noch mehr Kunst. Der bereits bei der Einweihnung vorhandene Trink-Brunnen mit einer Figur wurde im Zeitungsbericht der Einweihnungsfeier als künstlerische Leistung hervorgehoben (JW 08.10.1952: "Der Schöne Brunnen auf dem Flur am Nordeingang").
Unübersehbar über dem Haupteingang an der Schulstraße ist in einer Mauernische ein Relief mit 6 Jungen und einem Hund angebracht. Ein weiteres Kunstwerk, zu dem nichts bekannt ist?

über dem Portal der Paul-Sillus-SchuleHier konnte O. Hülskötter weiterhelfen. Der Steinmetzbetrieb seines Vater war an dem Bau der Stadtknabenschule mit den Sandsteinarbeiten beteiligt. Er erinnerte sich, dass es um 1953 mit der Anfertigung der Plastik Probleme gegeben habe. Die beauftragte Künstlerin Rehme-Tepperis hatte entgegen der Vorstellungen der Stadtverwaltung ein nur unvollständiges Werk abgegeben.

Aus den noch vorhandenen Schulausschuss-Protokollen lassen sich hierzu Aussagen finden. Am 23.1.1953, also 4 Monate nach der Einweihung der Schule, unter der Überschrift "Relief an der neuen Volksschule": "Auf Anfrage des Vorsitzenden des Ausschusses, Herrn Ratsherrn Albers, nach dem Stand der Angelegenheit wurde erklärt, dass die Künstlerin Rehme-Tepperis eine neue Form (Gips) modelliert habe. Die Form müsse noch ausgegossen und ausgeschält werden. Die Mitglieder des Haushalts- und Verwaltungsausschusses würden die Form, die sich in der Werkstatt des Bildhauermeisters Hülskötter in Jever befindet, in diesem Tagen in Augenschein nehmen."

Die Niederschriften des Haushalts- und Verwaltungsausschusses aus dieser Zeit sind nicht erhalten. Zumindest muss es Unstimmigkeiten gegeben haben. Denn am 23.6.1953 finden wir im Schulausschuss-Protokoll: "Der Ausschuß stellte sich einstimmig auf den Standpunkt, daß die vom Haushaltsausschuß jetzt vorgesehene Lösung der Gestaltung des Portals der neuen Schule nicht befriedigt. Die Anbringung eines schmiedeeisernen Gitters über der Tür sei keine glückliche Lösung. Im übrigen bestehe die Gefahr, daß durch Rostbildung unschöne Spuren auf der Einfassung des Portals entstehen würden. Der Ausschuß vertrat die Auffassung, daß die geeigneteste Lösung die sei, über dem Portal einen irgendwie gearteten Sinnspruch anzubringen, der darauf Bezug nimmt, daß die Schule in schwerster Zeit, wenige Jahre nach dem völligen Zusammenbruch, errichtet worden ist. Der Haushaltsausschuß soll noch einmal mit der Angelegenheit auf der Grundlage der Besprechung im Schulausschuß befaßt werden."
Stutenkeerl

Portal der Mädchen-SchulePortal der Paul-Sillus-Schule[Wie bereits erwähnt, ist die benachbarte Schule nahezu baugleich 10 Jahre nach der Stadtknabenschule errichtet worden. Auch hier findet sich über dem Haupteingang an der Schulstraße eine Mauernische. Das Schulausschuss-Protokoll vom 13.7.1961 vermerkt zu der neuen Mädchenschule: "Haupteingang: Der Ausschuß schließt sich dem Vorschlag des Bauausschusses an, eine Schmiedeeisenarbeit anzubringen." Die Arbeit in Form der Jahreszahl 1961 finden wir noch heute dort (einschließlich der Rostspuren auf der Einfassung des Portals...)]

Welche inhaltliche Bedenken etc. die Auschüsse seinerzeit an dem Entwurf der Plastik gehabt
haben, ist wohl nicht mehr feststellbar. Otto Hülskötter erinnert sich, dass  Frau Rehme-Tepperis eine Ritzung des Motivs abgegeben habe, auf Wunsch der Stadt sei diese dann in der Werkstatt Hülskötter zusammen mit den dortigen Angestellten dort in die heutige Form gebracht worden.
Über die Darstellu
ng der Plastik lassen sich zur Zeit nur Vermutungen anstellen. O. Hülskötter glaubt sich an das Thema "Lehrer entlässt Schüler ins Leben" zu erinnern. Dargestellt seien verschiedene Kulturtechniken wie Lesen, Musizieren etc.
Auch für diese Plastik über dem Schulportal findet sich nichts im Jeverschen Wochenblatt jener Zeit - fast gar nichts. Einzig in einer Glosse über die  Ratssitzung Anfang Juli 1953 gibt es einen Hinweis. Aber warum wird da von einem Stutenkeerl geschrieben - sind es nicht sechs?


Einige Monate später nach der Fertigstellung der bis hier beschriebenen "Forschungsergebnisse" im Gespräch mit Wilke Krüger zu den immer noch offenen Fragen zu Pinguinen und Portalrelief fällt das Stichwort "Stutenkeerle" und er kann mir mit einem Zeitungsbericht des Jeverland-Boten vom Oktober 1953 weiterhelfen. Der Jeverland-Bote ist die Beilage der Nordwest-Zeitung mit den Regionalnachrichten  aus dieser Region - sowie 'der Gemeinnützige' die Regionalseite für Varel und Umgebung ist. Und diese Regionalnachrichten gibt es in der NWZ schon seit 1946. Der Jeverland-Bote liegt genauso wie das Jeversche Wochenblatt in dicken Jahresbänden im Schloss vor und kann dort eingesehen werden. Also eine neue Quelle - und wie es scheints, ein noch besseres Archiv als die vorhergenannten.

Ein Neubeginn mit der Suche nach Daten, Namen und Begründungen. Eckdaten liegen ja bereits vor und so kann gezielt der Tagesbericht der Zeitung aufgeschlagen werden:
Mit einem Vorbericht zur Einweihung der Volksschule am 8. Oktober 1952 und dem am 10. Oktober 1952 folgenden über die Feierlichkeiten werden viele Daten gegeben. Auffällig, dass der Jeverland-Bote das neue Gebäude  'Volksschule' nennt. Nicht nur hier (kleine) Unterschiede in der Berichterstattung beider hier gelesenen Zeitungen.
Im Jeverland-Boten wird die Künstlerin genannt, die den Trinkbrunnen geschaffen und hier wird bestätigt, dass auch sie das Portalrelief gestaltet hat: Beides sind Arbeiten der Oldenburgerin Anne Rehme. Ein (undeutliches) Foto von der Einweihungsfeier zeigt, dass sich das Relief bereits über dem Eingang der Schule befindet.
Die bereits geschilderte Diskussion im Schul- und im Haushaltsausschuss im Frühjahr 1953 über das Relief hat trotz der "Berichtsstille" des Jeverschen Wochenblattes dennoch wohl größeres Interesse auch in der Bevölkerung gehabt. Der von Wilke Krüger erinnerte Bericht im Jeverland-Boten über die Stutenkeerls vom 16.10.1953
- es sind ja sechs! - ein Jahr nach der Einweihung der Schule zeigt ein Unbehagen über die "neue Kunst". Warum sie hier nicht am richtigen Platze sei und was überhaupt inhaltlich vermittelt werden soll - dieses wird allerdings nicht mitgeteilt. Eines zeigt der Bericht ganz deutlich: Noch im Herbst 1953 befindet sich über dem Portal des Schule ein anderes Relief als heute: Das Motiv ist gleich - Ausformung, Haltungen etc. weichen aber erheblich von einander ab. Und dieses mehrere Monate nach der Stellungnahme des Schulausschusses; ansonsten weist das Protokollbuch bis hinein in die sechziger Jahre dieses Thema nie wieder aus...der erste Entwurf?

Das weitere Blättern im Jeverland-Boten über eine Fortsetzung zu den Stutenkeerls führt leider (bisher) nicht zu einem Ergebnis. Aber es steht ja immer noch das Datum der Aufstellung des Pinguin-Brunnens aus. Und hier endlich werde ich im Jeverland-Boten fündig. Am 24. November 1954 wird der neue Brunnen vorgestellt: "Zwei seltene Vögel.. sind es, die Schüler der Stadtknabenschule in Jever bestaunen. Über Nacht haben sich die beiden Pinguine aus Bronze auf dem Platz vor dem Schulhaus niedergelassen und schmücken einen kleinen Brunnen, den die Niedersächsische Heimstätte zum Abschluß der von ihr in Jever durchgeführten Bauten der Stadt großherzig übereignet hat."der erste Hinweis  Das klärt leider immer noch nicht, warum es ausgerechnet Pinguine sein mussten.... Aber man beachte die kurze Hose zu den Winterjacken!

Der "schöne Brunnen" ist heute (2011) nicht mehr vorhanden. Die Figur sei bereits nicht mehr vorhanden gewesen, als sie 1977 als Lehrerin an der Schule begann, erinnert sich Frau Janssen. Seitdem habe er rechts innen am Portal gestanden. Die Schulsekretärin Frau Peters weiß, dass dort der Brunnen 1998 noch gestanden habe. Mit der großen Baustelle in den folgenden Jahren zur Schulerweiterung und der Einrichtung des Lehrerzimmers in diesem Bereich sei der Brunnen dann entfernt worden.
Wohin? Die Verwaltung weiß nichts von einem Brunnen.

Ich bleibe 'dran.

Möglicherweise gibt es zu Anna Rehme-Tepperis (1927 - 2007), die mit dem Maler Helmut Rehme aus Oldenburg verheiratet war, bald weitere Informationen. Deren gemeinsame Tochter versprach, den Nachlass ihrer Mutter aus der damaligen Zeit zu sichten. Im ostfriesischen Bereich sei von ihrer Mutter ein weiteres Werk vorhanden. Auf einem Schulhof bzw. in einer Eingangshalle gebe eine liegende Frau aus Bronze - der Ort sei leider nicht bekannt.
Auch hier gilt es, weiter zu forschen.



V. Bleck, Mai 2011, Oktober 2011