Gewesene Wohnplätze im Stadtgebiet Jever
Ein Versuch, Informationen zu erlangen
Ein Haus heute zu bauen ist an viele Vorgaben gebunden. Die Lage wird in der Regel durch ein Baugebiet vorgegeben - das einzeln stehende neue „Traumhaus in der Natur" ist (fast) nicht möglich.
Dass das früher einmal anders war -- nicht für ein Traumhaus, sondern eher der Not folgend durch schlechte Wegeverbindungen zu Nutzflächen, kurze Wege für Hilfskräfte oder Erwerb günstigen Eigentums weit draußen -- davon zeugen die vielen einzeln oder in Gruppen stehenden Wohnplätze. In der ganzen Region der ost-friesischen Landschaft und darüber hinaus finden sich nicht nur inmitten ihrer Nutzflächen verstreut (heute modernisierte und große) landwirtschaftliche Betriebe, sondern auch kleine Wohnstätten. Vielen solcher Plätze sieht man an, dass sie sich bereits seit langer Zeit dort befinden. Heute immer noch genutzte, früher vielleicht Wohnplätze von Tagelöhnern, Kleinbauern oder Handwerkern. Meist sind diese Wohnplätze vor weit über hundert Jahren entstanden. So bildeten sich die Streusiedlungen, wo die Wohngebäude zwar Bestandsschutz haben, aber nur unter besonderen Bedingungen zu größeren Objekten ausgebaut werden dürfen. Siehe dazu das aktuelle Baugesetzbuch mit dem Paragrafen 35 (4). 1)
Wenn man auf älteren Karten forscht, die einen Maßstab von 1:25 000 (Topographische Karte oder „Messtischblatt") oder kleiner haben (Flurkarten), kann man Wohnplätze mit Gebäuden finden, die heute dort nicht mehr vorhanden sind. Meist ist von ehemaligen Gebäuden gar nichts mehr erkennbar und eine landwirtschaftlich Nutzung hat alle Spuren beseitigt, manchmal finden sich noch Ziegelsteinreste in einer Brache, von der Natur überwuchert.
Für ehemalige Wohnplätze hat sich der Begriff „Wüstung" duchgesetzt. 2) Zwar gibt es in der Geschichtswissenschaft dazu Diskussionen, welche aufgegebenen Wohnstätten überhaupt als Wüstung bestimmt werden sollen: Nur für Dörfer des Mittelalters oder auch für Einzelgebäude, für Objekte einer späteren Zeit bis ins 20. Jahrhundert? 3) Die Forschungen geben eine sehr große Zahl für Wüstungen an (siehe als Beispiel 4)). Laut Wikipedia geht man von 40.000 Wüstungen für das Gebiet Deutschlands aus.
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Lage der bisher gefundenen ehemaligen Wohn- und Arbeitsplätze im Stadtgebiet Jever und in unmittlbarer Nähe
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Ich beschränke mich bei der Suche nach ehemaligen Wohn- und Wirtschaftsplätzen auf das Stadtgebiet Jever und der unmittelbaren Umgebung - seinerzeit einzeln stehende Gebäude, deren Plätze bis heute nicht wieder bebaut worden sind.
Bestimmen lassen sich solche aufgegebenen Wohnplätze durch Beschreibungen aus alten Akten und aus Karten. Es ist mühselig, in alten Akten mit Schreibschrift solche Plätze zu finden. Verlässliche Karten dazu gibt es erst ab etwa 1800. Leichter geht die Suche, wenn man sich auf die Preußische Landesaufnahme aus der Zeit von 1877 bis 1912 beschränkt. Für das Blatt Jever (Nummer 2413 und Umgebung) stammt diese genaue Topographische Karte aus dem Jahre 1891.5) Wohnplätze die vor dieser Kartenerstellung verschwanden sind demnach hier nicht aufgeführt. Das ist zwar eine Eingeschränkung - aber zu den gefundenen Plätzen ist es schon nicht leicht, Informationen zu bekommen.
Über einige der ehemaligen Wohn- und Arbeitsplätze liegen mir genauere Informationen vor, über andere müsste noch gefragt und geforscht werden. Was ich bisher gefunden habe, zeigt die Karte. In dieser habe ich drei Farben für eine gewisse Systematik: Viermal grün für weit zurückliegende eher archäologische Bauobjekt, blau für zwei in der Landschaft liegende Wirtschaftsunternehmen des letzten Jahrhunderts und rot für Wohnplätze als Bauernhöfe, Häuslingshäuser und andere Landstellen. Für die größeren und nummerierten roten Punkte folgen genauere Angaben.
Zu den jeweiligen Lagen einer ehemaligen Wohnstätte sind die Namen der Eigentümer oder Bewohner interessant. Diese habe ich weitgehend durch Suche in den Anzeigen im Jeverschen Wochenblatt (JW) gefunden. Es wird dabei aber manchmal nicht deutlich, ob es sich um die Eigentümer oder Pächter der Hof- oder Häuslingsstellen handelt. Auch ist damit ein lückenloser Bewohnernachweis nicht möglich.
Sicherlich würde es viel einfacher sein, die Eigentümer und Bewohner der ehemaligen Wohnplätze aus den Grundbuchakten des Amtsgerichtes, ggf. älteren Stadtakten, Meldeprotokollen etc. ausfindig zu machen. Aber Auskünfte hier zu erhalten ist schwierig. Denn der (dort so verstandene) Datenschutz blockiert dieses. Einen besonderen Ausweis kann ich als geschichtsinteressierte Person nicht vorweisen. Statt nach „Zuständigkeiten" und Umwegen etc. zu suchen, habe ich stattdessen online von zu Hause aus die Zeitungsbestände der Oldenburgischen Landesbibliothek durchsucht - mit einigen Widrigkeiten bei den Identifizierungen.
Dieses Projekt ist also ein Versuch, allein aus Zeitungsanzeigen, meist im JW
des 19. Jahrhunderts, eine Bewohner- bzw. Eigentümerlinie für Hofplätze aufzustellen. Wer dazu beitragen kann, weitere Informationen zu einzelnen Plätzen hat oder die hier aufgeführten Ergebnisse verbessern oder korrigieren kann, ist herzlich eingeladen, dieses Wissen preiszugeben.
Mehrere Jahrhundert alte Plätze mit Resten der Bauten liegen in der Marsch am Nordrand des Geestsporns, auf dem die Stadt vor Nordseefluten geschützt liegt: Der Woltersberg6) und der Große Dannhalm. Heute sind nur noch die Erdhügel (Wurten) davon geblieben. Ob hier auch dauerhafte Wohnplätze waren, ist ungewiss. Durch die Ausweitung der Stadt nach Westen ist die Wurt Dannhalm jetzt von der Wohnbebauung umschlossen, als Bodendenkmal jedoch durch die umgebende Grünfläche erkennbar.
Ganz im Osten des Stadtgebietes am Kreuztief lag eine Kapelle oder Klause, Schackelhave, am früheren Sommerweg über die Marsch zwischen Jever und Sillenstede. Heute ist die Wurt (illegalerweise schon vor Jahrzehnten) abgetragen, einige Steinbrocken liegen noch angehäuft dort.7) Das Gelände ist jetzt Teil der naturbelassenen Ausgleichmaßnahme zum Bau der B210 aus den Jahren 1995 bis 2000
Diese drei beschriebenen Orte stehen unter Denkmalschutz.
In Sandelerburg - daher kommt die Bezeichnung 'Burg' - soll der Wohnplatz der Häuptlinge von Sandel gewesen ein. Das Flurstück, auf dem sich Gebäude dazu befunden haben, ist laut heutigem Eigentümer nur als Weide bzw. Wiese zu nutzen, da sich im Untergrund noch Mauerreste befinden. Dieser Platz scheint seinerzeit auch aufgeschüttet worden zu sein.
Der in Norden blau eingefärbte Betriebsplatz als zeigt die Lage einer ehemaligen Nerzfarm des Kaufmannes Seemann, der sein Geschäft in der Neuen Straße hatte. Eine Beschreibung gibt ein Bericht im Jeverland-Boten vom 31.07.1977 8) und ist am Ende dieses Aufsatzes lesbar. Die Topograhischen Karten von 1955 und 1964 zeigen ein Gebäude dazu, welches heute genau unter dem Fahrbahndamm der B210 liegt.
Südlich von Rahrdum befand sich die Ziegelei Husum. Diese wurde 1853 aufgebaut und ist 1891 in der Karte mit vielen Gebäuden eingezeichnet. Durch einen Wassereinbruch in die Lehmkuhlen wurde die Ziegelei 1919 aufgegeben und später als Gemeindebad genutzt.1955 zeigt die Karte davon Reste als Wohnplätze. Seinerzeit war der Straßenverlauf des Husumer Weges nördlicher um das Werk.9)
Zu einigen der rot eingetragenen früheren Wohnplätzen:
1) Sillensteder Straße 10, auch Poggbrücke 10
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1885 wird die Sillensteder Chausee ausgebaut und Anlieger müssen Land abgeben. Es wird ein Harm Ludwig Frerichs bei Poggbrücke aufgeführt (JW 13.10.1885). Ich bin auf diese Wohnstätte aufmerksam geworden, da die Stadt Jever um 1961 auf der Suche nach einem neuen Müllplatz das dortige Gelände unmittelbar hinter dem Haus von Johann Kaper am Poggtief als möglichen Standort vorsah. Mit gerichtlicher Verfügung konnte Kaper dieses hinauszögern. Der Oberkreisdirektor erklärte den moorigen Standort nach Prüfung durch die Feuerwehr dann für ungeeignet. Damit erübrigte sich die weitere gerichtliche Auseinandersetzung. Mit dem Suchworten „Poggtief" im JW ergeben sich viele Hinweise auf den jeverschen Poggenkrug. Hiermit ist das Wirtshaus Altona am Moorwarfer Gastweg gemeint (siehe JW 12.1.1864). |
Handskizze zu den gerichtlichen Auseinandersetzungen zum vorgesehenen Müllplatz am Poggtief
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2 ) Bülterei
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Aus der Dorfchronik Wiefels: Aus Zeitungsanzeigen: Heute weist vor Ort nichts mehr darauf hin, dass hier ein Haus gestanden hat. Der Name Bülterei kann vom plattdeutschen Wort Bült - Erdhügel stammen. Vor Ort ist davon jedoch nichts zu erkennen.
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Preußische Landesaufnahme von 1891 |
3) Gödeckenhausen
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Aus der Dorfchronik Wiefels: Aus Zeitungsanzeigen: Dorfchronik: Vor 2000: Landkreis Friesland übernimmt Hof und Ländereien als Ausgleichs- bzw. Erweiterungsgebiet für das Abfallwirtschaftszentrum. |
Preußische Landesaufnahme von 1891 |
Jeversches Wochenblatt vom 12.05.1858 |
Sietwendungs-Wachthäuser
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Die Sietwendung ist ein sehr alter Binnen-Grenzdeich zwischen dem Jeverland und dem Harlingerland. Der Deich verband die Geest bei Dreihäuser mit Sandel und verläuft noch heute ab Sandel nach Norden durch die Niederung bis zur Vereinigung an der B210, dann weiter über Schluis bis zur Eggelinger Straße. Ab dort bis Middoge ist der Deich trotz Denkmalschutzes beseitigt worden. Die amtliche Sietwendung verlief dann weiter bis zum „Pfahlhaus" westlich von Neugarmsiel. Im „Diek- oder Suedwendungsregister der Bürger zu Jever" von 1614 befindet sich nebenstehende Karte mit zwei Wohnplätzen auf der Jeverschen Sietwendung. In einer weiteren Karte im „Diek- oder Suedwendungsregister" wird als Bewohner für O „Hinrich Reinerts Hauß die alte Waßer Mühle" angegeben. Zu diesen beiden Wohnplätzen lassen sich für die neuere Zeit die Adressen Sietwendung 30 und Sietwendung 103 zuordnen. Diese Hausnummern ergeben sich aus den Brandkassenprotokollen. Der Titel „Wachthaus" weist darauf hin, dass die dortigen Bewohner auch Pflichten zur Sicherung des Deiches hatten. Denn mehrfach soll von ostfriesischer Seite der Deich durchstochen worden sein, um dortiges Wasser loszuwerden |
Die Sietwendung zwischen Cleverns und Middelswarfen. Ausschnitt aus einer Skizze von ca. 1720. Die Karte ist „gewestet", Norden ist rechts. |
Der älteste Nachweis eines Bewohners der Sietwendung ist durch das Huldigungsregister von 1648 belegt: „Nr. 808 Tabbeke Gerdes, Gertt uff der Süedewendungs Sohn. Habe ein eigen Haus." 10) Um welches der Häuser es sich handelt, bleibt offen.
Die Jeverschen wöchentlichen Anzeigen und Nachrichten vom 1.2.1815 geben amtlich bekannt, dass "auch die Schenkgerechtigkeit bey den Wachthäusern bisweilen, gegen die damit verbundene Last beibehalten bleibt." In späteren Ausgaben der Zeitung wird aber mehrfach nur auf eine Schenke für das Haus Sietwendung 30 (Drantmann) hingewiesen.
Als damalige Adresse für die beiden Wohnplätze wird in den Zeitungsanzeigen immer die „Clevernser Sietwendung" angegeben. Dabei ist oft nicht deutlich, welche der beiden Wohnstätten gemeint ist. In den Suchergebnissen lassen sich aber aus manchen Hinweisen Zuordnungen herstellen.
4) Sietwendung 30, Sandeler Wachthaus
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„Die Schenumer Sietwendung" von Arthur Eden-Sillenstede |
Heute: Das Mühlentief im Vordergrund, dahinter auf der verbreiterten Sietwendung der ehemalige Wohnplatz. Eine Bodenplatte oder ähnliche Befestigung befindet sich noch dort. © Foto: Bleck
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Im April 1982 meldet die Stadt an den Landkreis, dass sich am Clevernser Kleiweg auf der Sietwendung eine Gebäuderuine befindet. „Offensichtlich herrscht dieser Zustand bereits seit mehreren Jahren. Der Stadt Jever ist nunmehr zugetragen worden, daß sich hier des öfteren Jugendliche aufhalten und das Gebäude weitergehend zerstören. Nach Auffasung der Stadt Jever ist eine gewisse Gefahr an Leib und Leben nicht auszuschließen." Das Bauordnungsamt des Landkreises veranlasste daraufhin die Beseitigung des Hauses durch den Eigentümer bzw. seinen Bevollmächtigten binnen 3 Wochen. Der letzte Eigentümer dieses Gebäudes war Hans-Georg Ahlrichs. Am 25.7.1971 brannte ein Scheunenteil. Beschädigt wurden Dach des Pferdestalles und Kuhstalles sowie Fensterscheiben und Pferdestalleinbauten. Erwähnt wird im Schadensprotokoll auch ein Schaden an der Elt-Anlage. In der Geschichte dieses Hauses weiter zurück: |
Preußische Landesaufnahme von 1891 mit der Sietwendung südlich der B210/Vereinigung. Beide „Wachthäuser" mit ihren Brandkassennummern. |
Die Bewohner- bzw. Eigentümersuche für Sietwendung 30 für die Zeit vor den geschilderten Ereignissen ergibt folgendes:
Mit der „Mühlenwarf" bzw. der Mühlenwarfer Pumpe ist wohl die Lage von Sietwendung Nr. 30 identifiziert. Gleichzeitig gibt es den Hinweis, dass am sogenannten „Mühlenwege dicht am Mühlentief, etwa 800 Meter vom Gehöft des Besitzers B. Renemann, Gemeindebezirk Cleverns" ein Trigonometrischer Punkt zur Landesvermessung festgesetzt worden ist (JW 27.5.1891). Auf der o.a. Preußischen Landesaufnahme aus dem Jahre 1891 ist dieser T-Punkt als kleines Dreieck mit der Höhenangabe 1,3 m (über NN) auch eingetragen.
Braunsdorf bemerkt 1802 zu dieser Örtlichkeit auf S. 57: „Das Sandeler Wachthaus.
Ehedessen stand in diesem Kirchspiele an der Sietwendung, wenn man
nach Burmönniken gehen will, eine Wassermühle, daher noch das Tief, so von da herunter kommt, das Mühlentief genannt wird. Den 23. August 1741 ist durch die Sietwendung vor Rienit Hinrichs Hause eine Pumpe gelegt worden, durch welche das ostfriesische Wasser in dies Tief fällt, welches von Sandel, Cleverns und der Stadt Jever gereinigt werden muß, und sich hernach mit dem Hookstief vereinigt." 12)
Einen Weg nach Bürmönken scheint es dort nicht gegeben zu haben. Von Amts wegen war das Überschreiten der Grenze querfeldein nach Ostfriesland untersagt, aber wohl vielfach genutzt. 1821 wird von Christian Behrens Drantmann als dortigen Grundbesitzer des Wachthauses per Zeitungs-Anzeige das Überqueren seiner Ländereien untersagt.
Als ältesten Nachweis dieses Namens Drantmann für diesen Wohnplatz findet sich in einer Anzeige vom 13.01.1800 im "Jeverschen wöchentlichen Anzeiger und Nachrichten", wo Cornelies Berens Drantmann einen noch brauchbaren Dampfofen zu Verkauf anbietet.
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JW 10.06.1906
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1822 ist Christian Berens Drantmann
„Willens, sein bei der Klevernser Sietwendung stehendes Wachthaus, worauf eine freie Schenke ist, und sich in einem guten Stand befindet, nebst 45 1/2 Matt gutes Kleiland" für 6 Jahre zu verpachten (JW 13.5.1822 und 27.05.1822).
1831 Aus dem Konkurs Christian Behrens Drantmann kauft Johann Gerdes Drantmann das Landgut, welches mit 20 Matten Land und Sietwendung auf mehrere Jahre meistbietend verpachtet werden soll (JW 30.10.1831).
1851 stirbt Johann Gerdes Drantmann (JW 30.11.1851).
1852 wird sein Inventar über einen Auktionator verkauft (JW 28.4.1852).
1857 verpachten die Erben wiederum Hof und 19 Matten Land und 3 Matten Sietwendung.
1859 wird mit einerAnzeige von Tönnies Renemann die Überfahrt des
ihm gehörigen Mühlenweges verboten (JW 21.7.1859).
Damit wird es kompliziert: Ist Tönnies Renemann mit diesem Ortshinweis Eigentümer des Hofes? 1859 bis 1867 gibt er seine Adresse mit Clevernser Sietwendung an. Durch die o.a. angesprochene Vermessung sollte es eindeutig sein.
Dennoch:
1863 Drantmann-Erben verpachten 22 Matten noch einmal (JW 14.7.1863) und
1867 wird Hof und Land von den vier Erben verkauft. Wieder wird Bezug auf Christian Behrens Dranntmann genommen, auch auf die 19 Matten Land und 3 Matten Sietwendung (JW 24.10.1867).
Ist Renemann der Pächter der Erben? Oder kann es sich bei dem Landgut-Ankauf von Johann Gerdes Drantmann 1831 um die Örtlichkeit Sietwendung 103 handeln?
1879 Anzeige seines Todes von Tönnies Renemann im 78. Lebensjahr (JW 18.10.1879).
1899 Verlobungsanzeige (Tochter?) Henriette Renemann mit Johann Mieniets aus Husum (JW 26.05.1888).
1890 Todesanzeige zu Wiemke Maria Renemann, geb. Edzards im 81. Lebensjahr (JW 15.03.1890). Ehefrau von Toennies Renemann?
1890 Testaments-Eröffnung des 1879 verstorbenen Toennies Renemann (JW 28.9.1890).
1891 Landesvermessung benennt B. Rennemann als Besitzer (JW 27.05.1891)
1906 verkauft die Witwe von B. Renemann das Landgut (JW 10.6.1906 und 24.10.1906).
1922 erscheint die erste Anzeige über Viehverkauf von Anton Borchers, der bis 1936 als Züchter regelmäßig seine Tiere anbot. 1936 verstirbt er und seine Witwe will 1936 die Landwirtschaft aufgeben und bietet das Inventar 1937 zum Verkauf an (JW 2.3.1937).
1941 bis 1944 bieten Gebr. Beyen (Gebrüder?) regelmäßig Rinder zum Kauf an - das kann nur von der Hofstelle 30 erfolgt sein?
5) Sietwendung 103 - auch Sietwendung 1 11)
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In der obigen Sietwendungs-Karte von etwa 1720 ist als Bewohner Johan Gercken angegeben. In einer ähnlichen Karte in dem Buch wird hier Johan Gerdes vermerkt; das könnte ein Schreib- bzw. ein Verständigungsfehler sein.
1915 ist Bernhard Classen Behrens der Eigentümer. Wagenschuppen enthält Raum für Wagen, landwirtschaftliche Geräte und Schweineställe. Massiv teils in Mörtel. Hohlziegel auf Strohdocken. |
Ruinenreste und auch wilde Ablagerungen auf der nur grob abgeschobenen Wurt (Bekämpfung von Bärenklau). © Foto: Bleck, April 2025 |
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1960 ist Annemarie Behrends Eigentümerin. Der Auszug aus dem Brandkassenbescheid weist Wohnhaus mit Scheunen sowie Wagenremise und Schweinestall aus. 28.11.1975 Feuer im Wirtschaftsteil: Totalschaden, Teilschäden am Wohnteil. Anfang 1977 Annemarie Folkerts geb. Behrends verkauft das Wohnhaus mit Anbau an Eheleute Gerold und Ingrid Heineke. 24.8.1980 Brand im Wohnhaus: Totalschaden. Diese bisherigen Daten sind durch die erwähnten Brandkassenprotokolle gesichert. Die Ruinenstätte wird in der Flurneuordnung um 1996 von Hermann Hillers als Hegebusch erworben. Leider breitet sich hier der Neophyt Bärenklau bzw. Herkulesstaude (Heracleum) in kaum einzudämmenden Maße aus. |
Landgut Sietwendung: Gebäudebestand laut Brandkassenporotokoll von 1924 |
Die Zuordnung der Bewohner zu dieser Adresse Anfang des 20. Jahrhundert durch die Zeitungsanzeigen ist hier deutlicher, da in zwei Anzeigen auf die nahe Bahnstation bei der Vereinigung hingewiesen wird. So bewirtschaftet laut nebenstehender Anzeige R. Rieniets um die Jahrhundertwende 1900 den Hof und lässt ihn 1901 über den Aktionator Detmers verkaufen.
Erwerber ist laut Meldung vom 26.6.1901 Lübbo Eimen. Der Kaufpreis beträgt 55.000 Mark. Alles Vieh und jegliche beweglichen Güter bis zum letzten Dammpfahl des Vorbesitzers Rieniets werden in einer Versteigerung gesondert verkauft (JW 18.2.1902). Lübbo Eimen hält es dort nicht lange. 1903 wirbt sein Auktionator mit einer langfristigen Verpachtung und 1904 erwirbt Eimen in Moorsum einen größeren Hof.
Bernhard Behrends übernimmt die Hofstelle 1915.
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Sietwendung 103 im 20. Jahrhundert
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Sietwendung 103 im 19. Jahrhundert -
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| JW 16.6.1901 |
Und dann gibt es mit dem Adress-Hinweis Clevernser Sietwendung noch weitere Anzeigen und Namen. Waren das Mitbewohner, Untermieter oder fügen sie sich in
die oben aufgestellten Listen ein?
Es gab meines Wissens keine weiteren Häuser oder Wohnplätze an der Deichlinie.
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Diese drei Listen zeigen meinen Dateienbestand der Zeitungsanzeigen mit Datum, Namen und Stichworten -
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6) Klein Hauskreuz
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1791 Advokat Schlossers Witwe verkauft an Matthias Tjarks , JW 8.8. 1953 nicht mehr in der Karte verzeichnet. Laut Register des Historien-Kalenders wird Klein Hauskreuz in den Jahrgängen 1857 und 1865 erwähnt - einsehbar zur Zeit nur in der Bibliothek des Schlossmuseums. |
Preußische Landesaufnahme von 1891, Klein Hauskreuz liegt am geklinkerten Fußpadd Jever - Tettens im Gemeindegebiet Wiefels |
Von dem Wohnplatz Klein Hauskreuz ist auf den aktuellen Luftaufnahmen des Katasteramtes (siehe Friesland-Navigator 5)) nicht einmal mehr eine Farbänderung des Grases erkennbar.
Soweit die Erinnerungen an einige verlassene Wohnplätze im nördlichen Stadtgebiet. Die Suche nach den Daten zu anderen ehemaligen Plätze - wie in der Übersicht oben angezeigt - soll weitergehen.
Fußnoten:
1) So lässt sich bei grober Prüfung feststellen, dass bis 1919 für das Oldenburgische Baurecht keine zusammenfassende Ordnung erstellt wurde (Walter Schücking, Das Staatsrecht des Großherzogthums Oldenburg. 1911, S. 379). In der „Revidirten Gemeindeordnung für das Herzogthum Oldenburg" von 1873 wird in Artikel 33 § 1 einzig „2. die Entgegennahme der Anmeldung von Neubauten und die Verhinderung von Ordnungswidrigkeiten und Gefährlichkeiten bei denselben" erwähnt.
Die erste Bauordnung der Stadt Jever galt ab dem April 1910 (Statut Nr. 34). Für das 'freie' Land gabe es wohl keine Vorschriften.
2) https://de.wikipedia.org/wiki/Wüstung
3) Dieter Staeck: Die Wüstungen im Saarland. 1976 https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:bsz:291-sulbdigital-205131
4) https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/ga/id/87
5) Unter Landkreis Friesland Navigator lässt sich diese Karte aufrufen: Menü rechts oben unter 'Karte einstellen'.
6) Siehe dazu Der Woltersberg bei Jever. Spurensuche.
7) Auf dem Luftbild auf dem Navigator (siehe 5)) ist an der Färbung des Grases die Lage der Wurt heute noch erkennbar.
Holger Winkler, Die Ausgrabungen in Schakelhave - ein Vorbericht. In: Historienkalender 1983, Seite 91.
Im Historienkalender 1978 S. 17 ein Landschaftsbild von Schakelhave.
8) Kenner schätzen den Nerz aus Jever JB 31.07.1971. Siehe Abdruck unten.
9) Hermann Peters, Die Ziegelei Husumerfeld. In: Historienkalender 1987, Seite 37.
10) https://www.familienkunde-oldenburg.de/wp-content/uploads/2021/11/Huldigung_Jever_1648.pdf
11) Hero Onnen Cleverns. Die Geschichte eines Friesendorfes.2006. S. 91
12) M. B. Martens und Magister Braunsdorf,
Gesammelte Nachrichten zur geographischen Beschreibung der Herrschaft Jever (1797 bis 1802). Ed. Fassung 2014.
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Aus den Jeverland-Boten vom 31. Juli 1971
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V. Bleck
Oktober 2025