Der Hillernsen Hamm

Mehr als ein Gewerbegebiet

Das Jeversche Wochenblatt hat am 02. März 2022 ganzseitig an die Aufstellung des „Gewerbegebietes Am Hillernsen Hamm/B210 neu“ vor 30 Jahren erinnert.1) Das ist als Rückblick und Besinnung für Einheimische und hinzugezogene neue Bürger des Jeverlandes als Information über die lokale Entwicklung zu begrüßen. Denn seit 30 Jahren hat sich in der bebauten Ausbreitung der Stadt viel getan – die Fläche des besiedelten Bereiches hat sich seitdem um 50 % vergrößert. Und das bei einer nur langsamen Einwohnerzunahme in dieser Zeit von knapp 13- auf 14tausend.

JW_2022-03-02_HillernserHamm

Jeversches Wochenblatt vom 02. März 2022. Das Gewerbegebiet (Luftbild) besteht aus den Teilgebieten Bebauungsplan Nr. 31 im Süden und Bebauungsplan Nr. 48 im Norden. Die Grenze ist durch die gelbe Linie angedeutet. Der Zeitungsbericht bezieht sich nur auf den nördlichen Teil.

Zum entspannten Nachlesen lässt sich der gesamte Artikel hier als PDF aufrufen.

Im Text werden die „Schwierigkeiten“ angesprochen, die seinerzeit die „Berücksichtigung der Belange der Natur“ verursacht haben: Die Erstellung eines Grünordnungsplanes, eine Versiegelungsobergrenze, Auflagen zu Baumpflanzungen etc.

Dieser erste Grünordnungsplan ist in dem Verzeichnis aller Bebauungspläne der Stadt Jever unter Geodaten/Bebauungspläne/Nr. 48 2) nachzulesen.
All diese „einschränkenden“ Rahmenbedingungen waren bereits im Bundesnaturschutzgesetz von 1976 zwar enthalten, wurden aber von den Bauverwaltungen in den Ämtern nicht zur Kenntnis genommen. Ich erinnere mich an die Aussagen des damaligen Bauamtsleiters Kanther, der ein „Vorrecht“ des seit 100 Jahren bestehenden Baugesetzes gegenüber einem „jungen“ Gesetz wie dem Naturschutzrecht behauptete. Der gesellschaftliche Wissens- und Meinungswandel hin zu mehr Umweltschutz – dem ich damals meine Einstellung als „Umweltbeauftragter“ verdanke – erforderte in den 1990er Jahren neue Vorschriften und Regeln für das Verhältnis von Bau- und Naturschutzrecht. So wurde 1992 für die Eingriffsregelung der „Grünordnungsplan“ (gem. Naturschutzgesetz) 3) als Grundlage der Naturbelange genommen, während es heute der „Umweltbericht“ (gem. Baugesetzbuch) 4) ist.

Kanthers Unkenrufe, „es wird in Zukunft immer schwieriger, neue Bebauungspläne durchzusetzen“ haben sich eben nicht bewahrheitet. Große Teile ehemals landwirtschaftlicher und naturnaher Flächen sind seitdem im Stadtgebiet bebaut worden. Aufwendiger wurde es für die Verwaltung schon. Jetzt reichten nicht mehr 2-4 Seiten Formalia als Begründung des Erfordernisses (siehe z.B. BP Nr. 31), sondern Gutachter und Planer mussten bezahlt werden. Letztlich hat sich aber an der Ausweisung des hier beschriebenen Baugebietes niemand beschwert.

Ein beträchtlicher Teil des Hillernsen Hamms (Flurname des dortigen Marschenlandes) war schon Jahrzehnte vorher als Gewerbegebiet genutzt worden. Angefangen hat dieses mit dem Bau der Kläranlage am Beginn des Tettenser Tiefs schon Ende der 1960er Jahre. Es siedelten sich bereits an der Zufahrtsstraße größe KFZ-Betriebe und anderes Gewerbe an. Der dann später für diesen Bereich aufgestellte Bebauungsplan Nr. 31 „Gewerbegebiet Nord“ datiert vom 08.12.1978. Seine leicht gebogene Plan-Nordseite ohne Bezug auf die vorhandenen Gräben und Parzellenzuschnitte orientierte sich am vorgesehenen Trassenverlauf einer Umgehungsstraße B210 aus den Vorstellungen der 1960er Jahre. Damit hätte die Bundesstraße südlich des Woltersberges in Höhe der heutigen Georg-von-der-Vring-Straße gelegen. Aber schon nach kurzer Zeit wurde diese Trasse weiter nach Norden verlegt, nördlich des Woltersberges, so dass sich weitere 31,1 Hektar Wiesenlandschaft, eingekeilt zwischen der zukünftigen B210 neu und dem bestehenden Gewerbegebiet Nr. 31 als ein „für die Natur nicht mehr entwicklungsfähiges Reststück“ ergaben. Wer konnte dagegen sein, dieses Land auch zu bebauen? So gab es dann auch für die Kompensations-Berechnung die Vorgabe, für die noch unberührte Landschaft im Hinblick auf die später einmal zu bauende Umgehungsstraße gleich diesen Störfaktor einzuplanen und das gesamte Gebiet im Wert um 30 % zu mindern. Das war letztlich bares Geld, denn so konnten fast 6 Hektar Ausgleichsfläche eingespart werden.

Übrigens: Die Straßenzüge des ab 1970 eingerichteten Gewerbegebietes Nr. 31 „Gewerbegebiet Nord“ haben den Namen „Am Hillernsen Hamm“ bekommen, die Straßenabschnitte des hier besprochenen nördlicheren Gewerbegebietes Nr. 48 „Gewerbegebietes Am Hillernsen Hamm/B210 neu“ den Straßennamen „Am Bullhamm“.

Beide Gewerbegebietsteile waren über zwei Jahrzehnte relativ dünn besiedelt. Umweltrelevante Festsetzungen wie Baumpflanzungen wurden nicht eingefordert, ob die Maßgaben GE 0,6 oder GI 0,7 eingehalten wurden bzw. werden, nicht überprüft. Gräben oder festgesetzte Grünstreifen wurden zweckentfremdet oder für eine gewerbliche Nutzung „herausgekauft“.

BP 31 und 48

Die Zuschnitte der beiden Gewerbegietsplanungen ergab sich durch die Trassenführungen der Umfahrungsstraße B210 aus den 1960er Jahren (gelb) und die spätere gebaute Lage (schwarz).

Größter Grundstücksbesitzer war über 20 Jahre die jeversche Brauerei, die sich mit ca. 9 Hektar zentral Flächen für eine mögliche Aussiedelung der Logistiksparte bevorratete. Genutzt wurde und wird noch heute aber nur ein sehr kleiner Teil als Leergutlager. Die Entwässerung dieser freien Fläche funktionierte mittlerweile durch den Straßenbau ringsum nur noch eingeschränkt, so dass eine landwirtschaftliche Nutzung als Verpachtung eingeschränkt möglich war. Binsen und Riet bekamen die Oberhand. Dieses änderte sich erst, als diese Vorratsfläche für die Brauerei „ausgesiedelt“ wurde: Zwar wurde städtebaulich diskutiert (Flächennutzungsplan, Landschaftsplan), die seit Sommer 2000 eröffnete B210 neu als nördlichste Grenze der bebauten Stadtausbreitung in die Marsch hinein anzusehen, doch die Mehrheit im Rat wollte sich keine Grenzen setzen lassen. So wurde mit BP Nr. 66 im Jahre 2009 mit dem Flächentausch bzw. einem größeren Areal neben der Hofwurt „Berg“ nördlich der Bundesstraße Entwicklung gesichert 5) – und ist bis heute landwirtschaftliches Grünland.

Die freigewordene Fläche im Hillernser Hamm ist im letzten Jahr durch den Straßenzug „Am Kreuzhamm“ (BP Nr. 96) erschlossen und entwässert worden, so dass sich dort jetzt auf kleineren Grundstücken Betriebe ansiedeln. Erste Maßnahme der Unternehmen ist, im Bodenaustausch Bauschutt und Schotter einzubringen. Das könnte man als Boom bezeichnen. Ob im Eifer die einzige „umweltfördernde“ Festsetzung 5.1 des Bebauungsplanes, dass für je 6 PKW-Stellplätze ein hochstämmiger Baum zu pflanzen ist, noch beachtet wird, bleibt abzuwarten. Wie die Zeitung berichtet, soll das „keine feste Regelung“ mehr sein. Der Versiegelungsgrad ist auf GE 0,7 hochgesetzt.

Das sind einige Ergänzungen bzw. Klarstellungen zum Zeitungsartikel.

Was mich am Zeitungsartikel ärgert, ist die Wortwahl in der Überschrift und dass mit im Text angesprochenen Einzelheiten eine Lebenswelt vermittelt wird, die weder der Stadtgeschichte noch den aktuellen ökologischen und politischen Notwendigkeiten gerecht wird. Die Wortwahl „Brache“ in der Überschrift suggeriert die Blickrichtung aus der Sicht des heutigen Verbrauchens, des Kommerzes und des „Wachstums“. Es sei eine unproduktives Fläche, Ödland oder „unnützes“ Land. 6) Nur bebautes Gelände schaffe Lebensgrundlagen. Bald muss ein neues Gebiet her, damit der Boom nicht gebremst wird...

Dabei hat die Stadt noch das halbleere Gewerbegebiet Am Leeghamm – schon etwas zu abseitig für blühende Geschäftsentwicklung? Gleichzeitig ist die Stadt Mitglied im interkommunalen Gewerbegebiet Jade-Weser-Park in Roffhausen. 7) Das aber dümpelt vor sich hin, lieber werden eigene neue Gewerbegebiete aus der Landschaft entnommen (Stadt Schortens ist zur Zeit dabei das aktivste Verbandsmitglied).

Kunstenbach 1798

Auf einer frühen Umgebungskarte von 1798, erstellt durch R.G.Kunstenbach, wird der Hillernsen Hamm vermerkt.9)
Was hier für das Gewerbegebiet beschrieben ist, zeigt die Entwicklung des Landschaftsumbaues zur Naturferne, der Umweltbeeinträchtigung, letztlich damit auch die Ursachen des Klimawandels. Es wird das Hohelied eines Fortschrittes in Kommerz und Grenzenlosigkeit dem Leser untergeschoben, es wird wird das herbeigeredet, was entgegen der aktuellen gesellschaftlichen Debatte zum Natur- und Klimaschutz notwendig ist. Und wenn solches angeführt wird, sind es Worthülsen. Wo es immer nur geht, stiehlt sich der Bauträger oder das planende Amt aus der anstehenden Verantwortung und macht ihr Ding wie seit eh und je.

Da stellt sich die Frage, warum der Bericht jetzt veröffentlicht worden ist. Jahresjubiläen anderer Baugebiete wurden und werden doch auch nicht so redaktionell aufbereitet. Es findet sich schnell ein möglicher Grund: Die aktuelle Diskussion, ob die Stadt der „Entwicklungszone des Biosphärenreservats des Niedersächsischen Wattenmeeres“ beitreten soll. Landwirtschaft und Gewerbe haben sich bereits harsch gegen einen Beitritt ausgesprochen und vermuten, unterstützt durch FDP, SWG und CDU, eine zukünftige Verbotskultur durch den Umwelt- und Klimaschutz. Mit der Ratssitzung am 10. März ist dieser Beitritt beschlossen werden. Die in dieser Sitzung aufgeführten Gründe gegen den Beitritt bestätigen meine o.a. Vermutungen. Nachzulesen in der Niederschrift im Ratsinformationssystem der Verwaltung unter TOP Nr. 9 8). Das sollte jeder lesen.

Ein zweiter Aspekt ärgert mich. Wenn es schon im Untertitel „Rückblick“ heißt, dann sollte auch die Zeit des Hillernsen Hamms vor der modernen Bebauung Berücksichtigung finden. Da hätte die Redakteurin gerne in ihrer eigenen Zeitung recherchieren können. Sie wäre darauf gestoßen, dass der Hillernsen Hamm eine über 250 Jahre dauernde wichtige wirtschaftliche Institution in der Stadt war.

Friedrich Orth schreibt: Dieser Hamm, in dessen Namen ein Personenname steckt, war in früher Zeit „den Häusern der Stadt eigen“ und wurde von den Bürgern gemeinsam genutzt. Um 1635 waren 103 „Interessenten“ beteiligt. Der eine hatte einen größeren, der andere einen geringeren Anspruch an 361 „Grasen“. Die Häuseranteile gingen im Laufe der Zeit durch Verkauf in andere Hände über. 1763 waren nur noch 66 Teilhaber vorhanden. Die Aufsicht und die Betreuung der Weidetiere übte der „Hammshirte“ aus; die Verwaltung und Rechnungsführung war Aufgabe zweier Provisoren. Der Hirte übte auch das Amt eines Schweinehirten aus. „Wie vor Alters gebräuchlich hatte er morgens zu rechter Zeit in der Stadt zu blasen, damit ein jeder seine Schweine ausbringe und wann die Zeit ist, in die Stadt zurückzutreiben.“ 10)

Magister Braunsdorf beschreibt in seiner geographischen Beschreibung Jevers aus der Zeit bis 1802:
10. Zu dem Glockenschlage gehöret das sog. freie Bürgerland, darunter die vornehmsten Plätze: 1. der Hiller'sche Hamm, groß 365 Grasen, der verschiedenen Interessenten gehört, von allen aber gemeinschaftlich gebraucht werden muß. Im Jahre 1775 ward er zur Hälfte gepflügt und mit Haber besät. Ehedessen ging vom Garmser Tief ein Arm hindurch, der aber nach und nach zugefallen u. nicht wieder hergestellt worden ist.“ 11)

E.C. Dunker

Ausschnitt aus der „Charte der Gegend um Jever" mit dem Hillernsen Hamm (365 Grasen), erstellt durch E.C. Dunker 1828 22)

Die älteste Urkunde im Staatsarchiv Oldenburg, die den Namen Hillernsen Hamm bzw. abweichende Schreibweisen nachweist, stammt vom 28. September 1573: „Bürgermeister und Ratleute der Stadt Jever beurkunden, dass vor ihnen der Bürger Gerdt Alberß mit Frau, Kindern und allen Schwestern und Brüdern das Haus eines verstorbenen Vaters an den Bürger Heinrich Lohe (Lho) für 220 Taler (gerechnet zu je 15 Schap) verkauft hat. Hierzu gehören acht Acker Bauland auf Jever Gast, 2 Grase zu Hillersen Hamm (Hilderßen Hamme) und zwei Zäune, von denen einen Johann Kloppenborch auf der Dose hat, sowie der halbe Brunnen. Fräulein Maria von Jever sowie Johann Kloppenborch auf der Dose geben ihre Zustimmung.“ 12)

Es gibt eine Geschichte zur Entstehung dieses Hillernsen Hamms. Ludwig Strackerjan hat sie in seine Sammlung der Sagen aus dem Oldenburger Land aufgenommen. Danach hat Frl. Maria vor dem Stadtbrand 1532 die Ländereien einem reichen Bäcker aus Missgunst abgenommen, später dann den Stadtbewohnern zugeteilt.

An der Nordseite von Jever scheidet das Garmser oder Tettenser Tief die Anhöhe, auf welcher die Stadt liegt, von einer großen Fläche Weideland, welche der Hillersche Hamm heißt. Der liegt für so viele Grase, als das Jahr Tage hat. Der Hamm gehörte bis vor kurzem vielen Leuten. Der eine hatte eine größere, der andere eine geringere Anzahl von Grasen; aber die Grase waren nicht abgeteilt, sondern der Besitz von so und so viel Grasen gab nur das Recht, so und so viel Stück Vieh zur Weide hinauf zu treiben. Noch früher waren diese Grase den Häusern der Stadt eigen, bis sie durch Verkauf nach und nach in andere Hände gelangten. Später hat die Stadt Jever die ganze Fläche an sich gekauft. Die Bürgerhäuser aber waren so dazu gekommen. Beim Flamtor (Flaampoort) wohnte ein reicher Bäcker namens Hillers grade da, wo nachher auch der Hillersche Laden war, dem gehörte jener Hamm zu eigen. Er wohnte in einem kleinen bescheidenen Häuschen und hielt es nicht für Schande, so reich er auch war, das Holz, welches er in seinem Ofen gebrauchte, selbst vor seinem Hause zu zersägen und zu zerhauen. Während er das einmal tat, mit dem Rücken nach dem Burgtor gekehrt, kam Fräulein Maria vom Schlosse her und wollte seinem Hause vorbei in die Stadt gehen. Als sie in seine Nähe kam, bückte er sich gerade, und seine Hose strammte sich so, daß sie sichs nicht versagen konnte, einen klatschenden Schlag darauf anzubringen. "Wa's dat färn olle Hor, de dat deit?" rief er in seinem Schreck und Zorn, da er in dem Augenblick die Täterin noch nicht erkannt hatte. Fräulein Maria vermeinte aber, daß sie recht gut erkannt sei, und erwiderte beleidigt: "Töw, dat schall die dinen grönen Rock kösten!" Und so geschah es. Bald hatte sie den Hamm durch allerlei Querelen in ihren Besitz gebracht, und als sie die Stadt zu ihrer Verteidigung hatte in Brand stecken lassen, legte sie nachher beim Aufbau derselben den Hamm in einzelnen Grasen den neuen Bürgerhäusern als Grundeigentum zu.“ 13)
Hein Bredendiek hat diese Sage/Geschichte ins Plattdeutsche übersetzt. 14) Auch F.W. Riemann berichtet in seiner Geschichte des Jeverlandes von dieser Sage. 15)

Der aus dem Jeverland stammende Volkskundler J.U. Folkers sieht im im Hillernsen Hamm einen Restbestand einer uralten Wirtschaftsweise, die noch aus der Zeit vor der Bedeichung der Marsch herkommt und vergleicht diese mit der Bohlinteressentenschaft" der Halligen in Schleswig-Holstein. Zur Sage:
Diese Sage trägt für den Geschichtskundigen den Stempel der freien Erfindung deutlich genug auf der Stirn. Sie gehört einem weitverbreitete, vielleicht dem zahlreichsten Sagentypus an. Es handelt sich um eine aitologische Sage, die einen nicht mehr verständlichen Namen (Hillersen Hamm) und eine nicht mehr verständliche Einrichtung (anteilsmäßige Weideberechtigung der Bürgerhäuser von Jever) ursächlich erklären will und sich dazu der dichterischen Phantasie bedient. Der Wahrheitsgehalt ist null - die Anteilsrechte der Jeverschen Bürger gehen sicherlich auf viel ältere Zeiten zurück als auf die Zeit von Fräulein Maria. In ihnen lebte noch die Argrarverfassung der unbedeichten Marsch. Aktenkundig wurden die Verhältnisse im Hillernsen Hamm aber erst sehr viel später, da ja erst mit der Neuzeit das nach Friedrich Schiller tintenklecksende Säkulum der Aktenschreiberei begann." 16)

Im Landesarchiv in Oldenburg befinden sich unter den geschichtlichen Dokumenten der Stadtverwaltung, des Amtsgerichts und der Herrschaft über 70 Signaturen, die sich auf den Hillernsen Hamm beziehen, davon alleine in den papiernen Findbüchern Heft 22 und Heft 24 als eigenen Untergruppen je 20 bzw. 37 Akten als Register, Abrechnungen, Belege etc. 17)

NLA-HillHamm-Auswahl

Beispiel zu Online-Suchergebnisse Hillernsen Hamm" in Landesarchiv

Aus diesen Aktenbeschreibungen ist für den Alltag dieser Bewirtschaftungen (angestellter Hirte, Überwachung durch Provisoren, Austrieb von Rindern, tägliche Schweinebeweidung, Krankheitsaufsicht etc.) sicherlich einiges mehr über das Leben in der Stadt der frühen Neuzeit zu erfahren – Friedrich Orth hat davon im o.a. Auszug bereits Tätigkeiten skizziert. Da diese Akten alle handschriftlich ausgeführt sind, bedarf es einer Lesekunst, die ich leider nicht mitbringen und daher nur die Inhalte aus den Bestandsinformationen des Landesarchivs erschließe. Aber zum Glück haben bereits andere aus diesen Akten zitiert.

Im Jeverschen Wochenblatt vom 1. April 1944 werden - wie dort angemerkt: aus einer größeren Arbeit über den Hillernsen Hamm von Georg Janßen-Sillenstede - einige Einzelheiten veröffentlicht. Neben den Hinweisen auf Strackerjan und Martens/Braunsdorf hat Janßen auch das damals noch im Schloss Jever lagernde alte Stadtarchiv nutzen können:
1493 finden wir die Gegend bezeichnet als Hammerich (Gemeinschaftsland). Die bekannte Bäcker Hillers-Sage erzählt über Entstehung des jetzigen Namens.
Anno 1635 den 27. Juni ist angeordnet, daß ein jeder Bürger, der Land im „Hillerßenhamm“ hat, seine Maße auf Grase empfängt. „Der Hamb umher ist beschlötet“ und hat ein jeder auf ein Gras Landes empfangen 20½ Fuß. Es werden namentlich aufgeführt 103 Interessenten, darunter 18 Personen mit je 2 „Pferde-Grasen“. Im „Hillernsen Hamms Buch“ de Anno 1763 erscheinen 66 Interessenten mit insgesamt 365 Grasen.

Der Hammshirte
Am 28.2.1652 wird dem Sweinhirten Gercke Onnen auferlegt:

  1. Den Provisoren des Hillerßen Hambs in allen billigen Dingen, was sie ihm werden befehlen, gehorchen und folgen.
  2. Bei Eintreibung des Viehes vor dem Heck fleißige Aufsicht haben, daß nichts eingetrieben wird, ohne und bevor es angeschrieben.

  3. Täglich den Hamb durchgehen und zusehen, ob auch einiger Mangel an den Beestern (Rindvieh) verspüret wird, solches sobald von sich sagen und so viel möglich in Acht haben, daß er eines jeden Beester kenne.

  4. Auch Aufsicht haben, daß kein Vieh hinten in den Hamb von den Dörfern oder sonst eingebracht wird.

  5. Jederzeit in Acht nehmen, ob auch die Beester bei frisch Wasser kommen können.

  6. Das Heck vor dem Hamb des Nachts schließen, damit nichts eingebracht oder ausgeholet werden könne.

  7. Wann das Vieh angeschriebenermaßen auf die Grasung getrieben...

  8. Wegen der Sweine zu rechter Zeit wie vor Alters gebräuchlich in der Stadt blasen, damit ein jeder seine Sweine ausbringe. Aber kein Swein wird auf der Gast oder im Hamb gestattet, das nicht geringet ist.

  9. Die Sweine jederzeit aus dem Hamb, wann die Zeit ist, in die Stadt bringen und nicht vor der Pforte aufn alten Markt den Bürgern zum Verderb in den Garten oder in das Korn laufen lassen...

Unter Ausgaben:
1648. Ein neues Heck vor dem Hamb machen lassen, dafür Dirick Schnitter bekommen 1 Gemeintaler 5 Schaaf...
1661. Des Sweinhirten Behausung (mit Lehmwänden) neu repariert und verbessert... Summa 29 Reichstaler 25 Schaaf 15 Witt.

„Notificationen“ aus dem „Jev. Wochenblatt“.
Aus Nr. 18 v. 30.4.1837: „Unterzeichneter wünscht je eher desto lieber einen großen Stier für diesen Sommer im Hillernsen Hamm anzunehmen und bemerkt dazu, daß derselbe freie Weide hat. Lüke Peters, Hammshirte.“
Aus Nr. 18 v. 6.5.1838: „Am 11. Mai wird das Vieh in den Hillernsen Hamm getrieben. Die Anlage beträgt per Gras 16 Groot Courant. Die Provisoren: Friedr König, A. A. Seetzen.“
Aus Nr. 27 v. 2.7.1837: „Ein schwarzes Enterbeest ist diesen Morgen in dem Hillernsen Hamm tot gefunden. Der unbekannte Eigentümer kann das weitere bei dem zeitigen Hammsprovisor erfahren.“
18)

Im Jeverschen Wochenblatt ist seit seinem Erscheinen 1791 als Anzeigenblatt der Hillernser Hamm eine vielfach verwendete Ortsangabe . Für Verpachtungen und Verkäufe gibt es viele Annoncen. Als Beispiele hier der jährlichen Aufruf zum Weideauftrieb.

Auftrieb 1802 Auftrieb 1857
Aufruf zum Auftrieb 1802
JW 03.05.1802
Aufruf zum Auftrieb 1857
JW 10.05.1857

Weitere Einzelheiten zu den Aufgaben der Provisoren erfahren wir aus dem Werk „Verfassung und Verwaltung der Herrschaft und der Stadt Jever" von Hellmut Rogowski:
..der Gebrauch der gemeinen Bürgerviehweide - des Hillernsen Hamms - stand den Bürgern nicht gleichmäßig zu. Vielmehr hatten nur solche Mitglieder gegen die Weidegenossenschaft den Anspruch, dort Vieh weiden zu lassen, die diesen Anspruch ererbt hatten. Da der größte Teil des gegen Ende des 18. Jhdt. 365 Grase umfassenden Hillernsen Hamms der Landesherrschaft gehörte, mußten die betreffenden Bürger einen Pachtzins entsprechend der von ihnen benutzten Graszahl entrichten. Die jedem Interessenten" zustehende Graszahl wurde in einem Register geführt. Wegen dieses Registers und der Aufsicht über den Hillernsen Hamm überhaupt kam es zwischen der Interessentenschaft und dem Magistrat zu Streitigkeiten. Schließlich entschied der Fürst im Jahre 1690, daß die Interessentenschaft zur Verwaltung des Hamms zwei Deputierte wählen dürfte. Forthin wurden diese beiden Provisoren aus der Reihe der Interessentenschaft auf zwei Jahre ausgelost, wobei nur Bürger für dieses Amt in Frage kamen, obwohl bis zur Mitte des 18 Jhdt. bereits ein Drittel des Hamms von Vorstädtern erworben worden war. Die Interessentenschaft wählte auch den Hammshirten, der gegen eine gewisse Gebühr den Hamm visitierte und die von Bürgern gehaltenen Schweine täglich vom Wangertor zum Hamm trieb. Der Hirte und die Provisoren wurden zwar vom Magistrat beeidigt, jedoch besaß nur der Bürgermeister die Oberaufsicht über die Verwaltung des Hamms. Der buchhaltende Provisor" führte die Rechnungen. Er durfte aber nur auf Assignation des Bürgermeisters die durch Umlage erhobenen Gelder ausgeben. Die Rechnungslegung erfolgte vor dem Bürgermeister in Anwesenheit der Interessentenschaft. Der „beisitzende Provisor" mußte das Vieh vor dem Eintrieb brennen oder markieren sowie gelegentlich das Vieh zählen. Nach einem Jahr wurde der beisitzende Provisor automatisch buchhaltender Provisor. Da die Provisoren Freigrase und Schreibgebühren genossen, war dieses Amt sehr begehrt.19)

Die Stadtbewohner waren bis vor 200 Jahren meist Selbstversorger. Zu fast jedem Haus in der Stadt seit der Zeit nach Frl. Maria gehörte eine Scheune oder ein Stall, in der Vieh und Ernte untergebracht waren.19) Vielleicht aus Gründen der schlechten wirtschaftlichen Lage durch die Besetzungszeit 1807 bis 1813, der Abnahme der Subsistenswirtschaft und Eigenversorgung der Stadtbewohner, mehrten sich die Stimmen, die ihre Anteile zu Geld machen wollten oder mussten. Die spätere Zunahme von Haushalten der ausreichend alimentierten Verwaltungsangehörigen sowie die professionalisierten Arbeitsteilungen können auch dazu geführt haben, dass am gemeinschaftlichen Projekt kein Interesse mehr bestand. Die Institution „Interessenten des Hillernsen Hamms“ löste sich auf.

Das Jev. Wochenblatt berichtete am 21. August 1860, dass die Teilung beschlossen sei. Der Magistrat der Stadt äußerte sich darauf:
„Nachdem von mehrere Interessenten des Hillernsen Hamms auf Theilung dieses Grundstück angetragen worden ist, diesem Antrage sämmtliche Interessenten beigetreten sind und zum Zwecke der Theilung den öffentlichen meistbietenden Verkauf des Hillernsen Hamms beschlossen haben, so wird dieses hierdurch, da auch die Stadt-, Waisenhaus-, Gasthaus, Currende-, Armen- und Schulcasse Interessenten des Hillernsen Hamms sind, gemäß Art. 77 der Gemeinde-Ordnung öffentlich mit dem Bemerken bekannt gemacht, daß mit der Theilung zugleich die Umlegung des von Jever aus über den s.g. hohen Melkenklamp durch den Hillernsen Hamm in nördlicher Richtung führenden öffentlichen Fußweges in der Weise beabsichtigt wird, daß derselbe da, wo er von der nördlichen Seite her in den Hillernsen Hamm führt, nach Osten zu der dort den Hamm schneidenden Chaussee herumgeleitet, neben dieser Chaussee weiter zur Stadt geführt werde und bei dem Hause des Hammshirten an der Schlachte ausmünde.
Die desfalls bisher Statt gefundenen Verhandlungen liegen zur Einsicht vom 8. bis 23. d. M. auf dem Rathause aus und können die stimmberechtigten Gemeindebürger ihre Ansichten darüber bis 31. d. M. dem unterzeicheten Stadtdirector zu Protokoll geben.
Jever, 1861 August 6.
Stadtmagistrat, Armen-Commission und Schulvorstand.
v. Harten“

(Veröffentlicht im Jeverschen Wochenblatt am 10.08. und 15.08.1861)

Mehrfach wird in diesen Jahren auf die Auflösung des "Hamms-Projektes" hingewiesen. Am 06. August 1863 erscheint unter „Obrigkeitliche Bekanntmachungen" eine Liste der verbliebenen 39 Eigentümer mit Namen und Anzahl der Grase. Heute würde so etwas unter Datenschutz fallen und nicht das Auge der Öffentlichkeit erreichen. Auffällig sind neben den aufgeführten Bürgern die großen Anteile von öffentlichen Institutionen wie Hilfsfond für die Provinzialschule (Gymnasium), Schulkasse, Stadtarmenkasse, Gasthauskasse, Waisenhauskasse und auch kirchlicher Einrichtungen wie Stadtkirchenkasse, Prediger Salarienkasse und auch Schortenser Kirchenkasse.

Zu Beginn 1864 wurden die 94 Hektar dann verkauft. Die Stadt Jever erwarb das gesamte Areal.
Die erwähnten Aktenstudien von Georg Janßen führen dazu aus:

Verkauf des Hillernsen Hamms an die Stadt Jever.
„In Convokationssachen betr. Den Verkauf des sogenannten Hillernsen Hamms bei Jever samt dem darauf befindlichen Hause betragen die Kaufgelder des von der Stadtgemeinde Jever im öffentlichen Verkaufstermin v. 22. Jan. 1864 resp. durch Verfügung des Großherzogl. Amtsgericht v. 19./27. Jan. 1865 angekauften Hillernsen Hamms mit Zubehör: 56025 Reichstaler Gold... Nach dem Beschlusse der Verkäufer vom 27, Jan. 1866 haben die einzelnen Verkäufer die auf ihren Grasen im Hillernsen Hamm haftenden Renteigefälle und Erbheuer sich solche resp. den 25fachen Betrag derselben in ihren Anteilen an obigen Kaufgeldern kürzen zu lassen und soll dieser zurückbehaltende Betrag vorläufig bei der Bremer Bank belegt und demnächst unter sämtlichen Interessenten verteilt werden.“ Dies Schriftstück mit ausführlicher Verrechnung ist im Besitz des Bauern Joh. Janßen zu Hohewarf bei Jever, der auch die Anregung zu dieser Aufteilung gab.
Auf dem Grundbuchamt Jever ist unter dem 30.1.1864 der Verkauf wie folgt begründet: Die Veräußerung des Hillernsen Hamms war notwendig geworden, weil eine Mehrzahl von Interessenten die Aufhebung der Gemeinschaft und zu dem Ende einen öffentlichen Verkauf teilungshalber verlangt hatte.

Aus den Rathausakten.

1. Stadt Jever 21798 Anteile 36,0824 Hekt.
2. Waisenhausstiftung 14091 Anteile 23,3261 Hekt.
3. Gasthausstiftung 7045 Anteile 11,6622 Hekt.
4. Kurrende 751 Anteile   1,2431 Hekt.
5. Evangelische Kirchengemeinde Jever 2817 Anteile   4,6632 Hekt.
6. Ev. Prediger-Besoldungskasse 5636 Anteile   9,3298 Hekt.
7. Hilfsverein des Gymnasiums in Jever 4603 Anteile   7,6198 Hekt.
  Sa. 56741 Anteile = 93,9284 Hekt.

In der Mutterrolle ist der Hillersen Hamm, Marschland, eingetragen unter Art. Nr. 217 der Gemeinde Jever. Eigentümer: Stadtgemeinde Jever und Teilhaber. Während er früher keine Gräben enthielt, besteht er jetzt aus 39 Parzellen. 18)

Luftbild 1957

Der Hillernsen Hamm - 1957 eine gehölzfreie große Weidelandschaft. Links das noch nicht begradigte Tettenser Tief, rechts die Wangerländische Straße, links von der Mitte der Steinpfad nach Tettens. Bild: Schlossmuseum Jever.

Weiterhin erwähnenswert zur Geschichte des Hillernsen Hamms ist, dass sich in der Südwestecke am Tettenser Tief die erste öffentliche Badeanstalt seit mindestens 1867 befand. Hier wurde das Tief aufgeweitet und mehrmals entschlammt. Über die Melkenklampe und einem Steinpad war diese von der heutigen Seetzenstraße zu erreichen. Schon im Jahre 1839 bot der Schönfärber Nicolaus in seinem am Tettenser Tief gelegenen Garten seine „Badeanstalt" zur Benutzung an. Ein „Badehaus" darin findet erstmalig 1844 eine Erwähnung.
Mit der Umnutzung der Lehmkulen am Husumer Weg zu einem Gemeindebad 1919 wurde die Klei-Badestelle am Tettenser Tief jedoch unattraktiver und 1939 geschlossen. 10) 20)

Preußische Landesaufnahme 1891, Ausschnitt.
blauer Pfeil: Lage der Badeanstalt im Tettenser Tief,
Mk: Melkenklampe mit Steinpfaden
Anzeige aus dem Jeverschen Wochenblatt vom 04.06.1868

Die weite offene Fläche des Hillernsen Hamms war auch eine ideale Klootschießerstrecke. Sie begann an der Melkenklampe und zog sich bis über Fischershäuser und Hauskreuz hin. In den 1920 Jahren fanden hier bedeutende Wettkämpfe statt. 10) 21) Der letzte Wettkamp fand dort Anfang der 1990er Jahre statt - mit dem Bau des Gewerbegebietes Nr. 48 war die Strecke unattraktiv geworden.
Die Themen Badeanstalt und Klootschießen verdienen eine eigene Betrachtung.

Das Haus des Hammshirten stand bis etwa zur Jahrtausendwende in der Wangerländischen Straße Nr. 3.
NLA-HillHamm-Auswahl

Das Haus des Hamms-Hirten in der Wangerländischen Straße 3, um 2000. Foto: Temmen.

 

 

 

Fußnoten

1) Jeversches Wochenblatt vom 02.03.2022, Nummer 51, Seite 02.
Dieser Bereich wird als „Bebauungsplan Nr. 48“ im Geoportal der Stadt geführt.

2) Geoportal Stadt Jever
Übersicht: https://www.stadt-jever.de/bauen-wirtschaft/stadtentwicklung/geodaten/
Bebauungspäne direkt: https://www.stadt-jever.de/portal/seiten/geodaten-stadt-jever-bebauungsplaene-903000208-20820.html?rubrik=903000016

3) Nds. Naturschutzgesetz § 6

4) Bundesbaugesetzbuch § 2a, zu Beispielen siehe die neuesten Bebauungspläne unter 2)

5) Geodaten - Bebauungspläne der Stadt Jever

6) Es gibt in der Landwirtschaft die Brache als ein aus regenerativen Gründen ungenutztes Landstück. Angesichts der städtebaulichen Thematik ist aber wohl die negative Deutung gemeint. Siehe https://de.wiktionary.org/wiki/Brache
Aus Sicht der „ordentlichen“ Landwirtschaft war der Hillernsen Hamm vor der Bebauung kein leistungsfähiges Grünland mehr. Das ist bei Verpachtungen durch die öffentlichen Hand so: Solch ein Eigentümer hält kein Auge auf seinen Besitz und so wird vom Pächter in solchen Flächen wenig investiert. Die Grabenpflege wird vernachlässigt, die Grasnarbe verfilzt und es wird nur bequem zu erreichendes Gut bearbeitet. Die Ernte wird schmaler, der Pachtpreis sinkt, und so entsteht das, was als „verkommenes“ Land, „Brache“ etc. resultiert. Die Natur erholt sich teilweise – aber eine Binsenmonokultur ist nur ein einseitiger Lebensraum, nicht zu vergleichen mit der Artenvielfalt in einer gut geführten Wiese oder Weide.

7) Jade-Weser-Park http://www.jadeweserpark.de/downloads/image/Verbandsordnung.pdf

8) Die Niederschrift ist einzusehen unter https://buergerinfo.stadt-jever.de/getfile.asp?id=80688&type=do. Die demokratische Kultur leidet durch das nachträgliche Infragestellen dieses Beschlusses. Wie sich die Angst der einen um mögliche Gewerbegebietsbegrenzungen, die ja nur landwirtschaftliche Flächen unwiederherstellbar „verbauen“, mit der Landwirtschaft einig ist, ist mir ein Rätsel. Beide vereint wohl der Glaube an die technische und unbegrenzte Allmacht.

9) Renke Gerhard Kunstenbach (1745 - 1807), Special Charte der Russisch Kayserlichen Herrlichkeit... 1798. Ausschnitt, Schlossmuseum Jever.

10) Friedrich Orth u. Barbara Müller-Schlombs, Jever - so alt und so neu 2004. S. 31 (Hillernser Hamm, Klootschießen), S. 32 u. 127 (Badeanstalt)

11) Martin Bernhard Martens u.Magister Braunsdorf,Gesammelte Nachrichten zur geographischen Beschreibung der Herrschaft Jever (1797 - 1802). Neue Edition S. 42.

12) NLA OL Dep 25 JEV Best. 262-4 Urk. Nr. 27

13) Ludwig Strackerjan, Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg. 2. Band, 2. Auflage 1909, S. 396. Mit der Erwähnung des Stadtbrandes, hier wohl während der Belagerung durch die Ostfriesen, wäre der Beginn des Hillernsen Hamm-Projektes auf 1532 ff. anzusetzen.

14) Hein Bredendiek, De Hillernsen Hamm. In: Historienkalender auf das Jahr 1993, S. 79.

15) F.W. Riemann, Geschichte des Jeverlandes Bd. 2 Kap. XI, Seite 235: "Auf einem Gang in die Stadt begegnete Fräulein Maria einem wohlhabenden Bürger, Namens Hillerns. Derselbe besichtigte einen Schaden an seinem Hause, bemerkte das Nahen seiner Gebieterin nicht und kehrte ihr in stark gebückter Stellung den Rücken zu. Fräulein Maria schlug ihn mit flacher Hand kräftig auf das gespannte Gesäß, worauf der Bürgersmann, der seine Herrin wohl nicht gleich erkannte, ihr eine wenig schmeichelhafte Antwort gegeben haben soll, die Fräulein Maria veranlaßte, seinen Besitz, den nach ihm benannten Hillernsschen Hamm, zu konfiszieren."

16)Johann Ulrich Folkers, Hillernsen Hamm. In: Friesische Heimat, Beilage zum Jev. Wochenblatt Nr. 168 vom 23. Juli 1959.
Der Text wiederholt neben dieser These inhaltlich weitgehend die bereits vorher von G. Janßen-Sillenstede - siehe 18) - veröffentlichten Inhalte. Auch wenn Folkers in der Nachkriegszeit hier im Landkreis wohlgelitten war - in der Nazizeit lehrte er in Rostock als Volkskundler, Geschichtsdidaktiker und Bauernhausforscher und trat als nationalsozialistischer Rassentheoretiker auf (Wikipedia). Also Vorsicht!

17)„Hillernsen Hamm“ im Staatsarchiv Oldenburg
Auswertung der papiernen Findbücher, Aufruf über die Signatur in Arcinsys möglich, Akten nicht eingesehen.

Heft 20 Urkunden NLA OL Dep 25 JEV Best. 262-4
    Urk. Nr. 27 über Verkauf von Haus und Land (1573) - (siehe im Text, Fußnote12)
    Urk. Nr. 53 über Verkauf Haus und Land (1609)
    Urk. Nr. 57 über Verkauf Haus und Land (1610)

Heft 21 Amtsbücher, 16.- Anfang 20. Jh, NLA OL Dep 25 JEV Best. 262-4 Nr.

    3374 Rechnungen Fußpfade durch den Hillernsen Hamm (1844/5)

Heft 22 Akten der Stadtverwaltung, 16.- Anfang 20. Jh, NLA OL Dep 25 JEV Best. 262-4 Nr.

    4661 Register herrschaftl. Verfügungen und verstreute Rechnungen betr. den Hillernsen Hamm (1635-1769)
    4664 Durchfahrt durch den Hillernsen Hamm (1699-1810
    4666 Wahl der Provisoren des Hillernsenhamms (1704-1741)
    4667 Protokollbuch der Interessenten des Hillernsen Hamms, vom Provisor geführt (1705-1855)
    4668 Rechnungen, Protokolle Bd. 1(ca. 1707-1770)
    4669 Rechnungen, Protokolle Bd. 2(ca. 1710.1780)
    4670 Weitere Rechnungen mit Beilagen (1705-1769)
    4671 Hillernsen Hamm - Bücher Bd. 1 (1717-1753)
    4672 Hillernsen Hamm - Bücher Bd. 2 (1759-1782)
    4673 Hillernsen Hamm - Bücher Bd. 3 (1783-1810)
    4574 Hirte auf dem Hillernsen Hamm (1709-1804
    4675 Klampe durch den Hillernsen Hamm (1713-1806)
    4676 Verschiedene polizeiliche Verfügungen betr. den Hillernsen Hamm (1732-1771)
    4677 Aufbruch des Hillernsen Hamms - zahlreiche Heuerrechnungen (1745-1781)
    4678 Hillernsen Hamm: Anlageregister und Heuerbücher(1750-1807)
    4679 Bestimmungen über das Beweiden des Hillernsen Hamms (1755-1776)
    5050 verschiedenes betr. die Anteile der Armenverwaltung am Hillernsen Hamm (1762-1841
    5180 Ankauf einiger Ländereien im Hillernsen Hamm für das Waisenhaus (1835-1841)
    5355 (Adelig und freie Landgüter etc.) Hillernsen Hamm (1763-19. Jh.)

Heft 24 Akten der Stadt-Verwaltung 1814-1900, NLA OL Dep 25 JEV Best. 262-4 Nr.

    9660 Fußpfad nach Tettens über den Hillernsen Hamm (1817-1845)
    9689 Anlegung eines steinernen Fußweges durch den Hillernsen Hamm (1843-1844)
    10005a Verlegung Kaje und Brücke 1865-1869
          Untergruppierung Nr. 34 100027-100064 mit K7 und K8 (Dunker 1812)
    100027 Verhandlungen mit der Firma Habben und Wiggers in Jever wegen Landtausch zwischen dem Hillernsenhamm und dem Wangerweg (1881-1893)
    100028 Interessenten des Hillernsen Hamms ./. den Hammshirten wegen Vernachlässigung seiner Aufgaben(1737)
    100029 Aufsicht des Magistrats über den Hiller(n)sen Hamm - mit Nachricht von Bürgermeister A.B. Clasen (1776, 1816-1860)
    100030 Der Hammshirte (1797, 1816-1860)
    100031 Aufhebung der Gemeinschaft des Hiller(n)sen-Hamms - mit Karte von E.C. Dunker, K Nr. 7 (1815-1864)
    100032 Schlötung der Leide um den Hillernser-Hamm. Anlage und Unterhaltung des Fußweges durch den Hamm (1818-1844)
    10033 Entwässerung des Hillernser-Hamms (1837-1841)
    10034 Verkauf des Hammshirtenhauses nebst Garten und Hofraum - mit Teilungsplan K Nr. 9 (1864-1867)
    10035 Neubau der Wohnung des Hammshirten - mit Grundriss (1846)
    10036 Die Grase im Hillenserhamm (1847-1863)
    10037 Verschiedenes betr. den Hillernser-Hamm - mit Teilungsplan K Nr. 8 (ca. 1863-1875)
    10038/9 Verpachtungen (1879-1899, 1865-1880)
    10040 - 10046 "Hammsbücher" (Hillernser-Hamms-Bücher, auch Einweide bücher genannt (1816- 1859)
    10047 - 10063 Rechnungen der Hammskasse mit Belegen (1864- 1899)
    100064 Verschiedene Verfügungen betr. den Hillernsen Hamm, Rechnungen (1816-1867)

Heft 25 Akten der Stadtverwaltung 1900-1938, NLA OL Dep 25 JEV Best. 262-4 Nr.

    11123 darin: Verlegung der Brücke und der Kaye von der Schlachte nach dem Hillernsen Hamm (1869)
    11148 Ankauf des Hillernsenhamms, Vereinbarung über Teilung und Verwaltung des Hamms, Hammsinspektor... (1863-1933)
    11149 Rechnungen mit Anlagen über die Verwaltung der Hammskasse für die Rechnungsjahre... (1901-1910)
    11150 Dgl.für die Rechnungsjahre... (1911-1929)

Heft 30 Amt Jever 1814-1878, NLA OL Best. 76-16

    A Nr. 129 Administration des Hillernsen Hamms (1837)
    A Nr. 895 Grase im Hillernsen Hamm (1819-1837)
    B Nr. 506 Verkauf des sog. Hillernsenhamms bei Jever an die Stadt Jever (1864-1867)

Heft 35 Herrschaft Jever, NLA OL Best. 90 -

    11 Nr. 197 Das sog. Renteihaus am Kirchhofe nebst 3 Grasen im Hillernsen Hamm... (1716-1801)
    28 Nr. 19 Hillernser Hamm [Gemeindeweide] bei Jever und die dort der Herrschaft zuständige Grasung (1622-1691)

Die elektronische Suche ergibt weitere Funde, u.a.
NLA OL, Best. 31, -13-92 Nr. 12p Kammergrase im Hillernsschen Hamm bei Jever (1855)
NLA OL, Best.97, Nr. 1353 Ankauf von Grasen im Hillernsschen Hamm und sonstigen Ländereien für die Prediger-Salarienkasse (1843-1844)

18) Georg Janßen, Vom Hillersen Hamm bei Jever. In: Jeversches Wochenblatt vom 1. April 1944. Es wird dort darauf hingewiesen, dass es sich um einige Einzelheiten aus einer größeren Arbeit über den Hillernsen Hamms handelt. Diese ist mir bisher nicht bekannt. Der Nachlass von Janßen liegt im Schlossmuseum, konnte wg. der Corona-Pandemie jedoch nicht eingesehen werden.

19) Hellmut Rogowski, Verfassung und Verwaltung der Herrschaft und der Stadt Jever von den Anfängen bis zum Jahre 1807. 1967, S. 113f. Der angeführte Textausschnitt ist mit zahlreichen, hier nicht wiedergegebenen Quellenhinweisen aus dem Landesarchiv versehen. Die angegebenen Signaturen konnte ich online im NLA nicht verifizieren.

20) Karl Hoyer, Der Stadtkern von Jever. In: Oldenburger Jahrbuch des Vereins für Landesgeschichte und Altertumskunde. Band 37 (1933) 1934. S. 36.

21) Ricklef Albers, De ole Steenpad. In: Historienkalender auf das Jahr 1998, S. 141.

22) E.C. Dunker, „Charte der Gegend um Jever", 1828, Ausschnitt, Schlossmuseum Jever.

Weitere Quellen:

- Jeversches Wochenblatt (bzw. Vorgängerbezeichnungen ab 1791), div. Ausgaben: das Erscheinungsdatum ist jeweils bei den Auszügen angegeben.

- Karten und Bilder: Herkunft jeweils in der Bildunterschrift.

Barnutz 1830

Friedrich Barnutz, Aquarell,1830: Blick vom Woltersberg. Der Hillernsen Hamm als Weidelandschaft westlich (rechts) des Wangerländischen Weges. Bis zur Auflösung der Schlachte und dem Bau des Verbindungstiefs "Dwarfstief" um 1869 reichte der Hamm bis unmittelbar vor die Schlachte.

 

Volker Bleck, April 2022